Nahrungsergänzungsmittel: Fristablauf Kennzeichnung

Händler von Nahrungsergänzungsmitteln sind gehalten, bis zum 30.11.2005  Nahrungsergänzungen, die nicht den neuen gesetzlichen Anforderungen an die Kennzeichnung entsprechen, zu verkaufen. Hersteller sollten spätestens jetzt beginnen, ihre Herstellung und Kennzeichnung den neuen Vorschriften anzupassen. Ab dem 01.12.2005 sind sämtliche Altprodukte vom Markt zu nehmen.

Missverständliche Regelung in § 7 NEMV

Die Formulierung der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEMV) ist einigermaßen missverständlich. Gemäß § 7 Abs. 1 NEMV dürfen Nahrungsergänzungsmittel

“…bis zum 30. November 2005 … noch nach den bis zum 28. Mai 2004 geltenden Vorschriften hergestellt und in den Verkehr gebracht werden.”

Diese Formulierung weckt den Anschein, als könnten Hersteller bis zum 30.11.2005 bedenkenlos nach den alten Vorschriften herstellen und kennzeichnen. In der Praxis ist deshalb die Frage aufgekommen, ob es keine zusätzlichen Abverkaufsfristen gäbe für Nahrungsergänzungen, die bis Ende November 2005 nach altem Recht hergestellt wurden. Niemandem sei geholfen, wenn er bis Ende November herstellen, aber nicht mehr nach dem 30.11.2005 in Verkehr bringen dürfe. Es müsse eine Abverkaufsfrist für derartige Produkte geben, da der Zeitraum von der Herstellung über den Verkauf an Zwischenhändler bis hin zum Endverbraucher nicht berücksichtigt worden sei.

Die Frage findet ihre Berechtigung in der oben genannten Regelung. Diese setzt missverständlich die Übergangsfrist für die Herstellung mit der des Inverkehrbringens gleich. In Wirklichkeit handelt es sich bei der gesetzlichen Übergangsregelung jedoch um eine Abverkaufsfrist, was zur Folge hat, dass sämtliche Altprodukte spätestens am 01.12.2005 vom Markt zu nehmen sind. Gesonderte Abverkaufsfristen, wie sie beispielsweise für einige Arzneimittel im Arzneimittelgesetz (z. B. in Angelegenheiten der Nachzulassung) explizit in das Gesetz aufgenommen worden sind, sind im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel nicht vorgesehen. So kann es im Ergebnis nur als redaktionelle Ungenauigkeit seitens des Verordnungsgebers zu werten sein, soweit die Übergangsfristen für das Herstellen und Inverkehrbringen in § 7 NEMV gleichgesetzt worden sind.

Wer ist Inverkehrbringer?

Gemäß § 7 Abs. 1 LMBG (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) ist Inverkehrbringer derjenige, der die Produkte

– anbietet,

– zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe vorrätig hält,

– feilhält oder

– an andere abgibt.

Der Begriff des Inverkehrbringens ist demnach weit definiert und erfasst die gesamte Handelskette. Somit gilt die Regelung über das Inverkehrbringen in § 7 NEMV ausnahmslos für jeden Händler von Nahrungsergänzungen, also insbesondere Hersteller, Großhändler und Apotheken.

Risiken

Gemäß § 6 NEMV sind Verstöße gegen die Herstellungs- und Kennzeichnungsvorschriften straf- bzw. bußgeldbewehrt. Zudem drohen behördliche Untersagungsverfügungen. Von Seiten der Privatwirtschaft drohen wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche.

Handlungserfordernisse

In der Konsequenz dieser Risiken muss spätestens jetzt die gesamte Handelskette tätig werden. Die Hersteller sollten ihre Herstellungsprozesse anpassen. Dabei sind ausschließlich die nach § 3 NEMV in Verbindung mit den Anlagen 1 und 2 der NEMV zulässigen Vitamine und Mineralstoffe zu verwenden. Die Kennzeichnung der Produkte richtet sich vor allem nach den Vorgaben der NEMV, der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, der Loskennzeichnungsverordnung sowie den allgemeinen lebensmittrechtlichen Vorschriften (LMBG, demnächst LFGB = Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch).

Die Händler sollten darauf achten, dass sie ihre Altprodukte möglichst zügig abverkaufen. Zudem sollten die Lieferanten angehalten werden, nur noch Produkte zu liefern, die den neuen Vorschriften entsprechen, erforderlichenfalls sind sie schriftlich darauf hinzuweisen, dass ab einer angemessen festgesetzten Frist keine Altprodukte mehr abgenommen werden.

Bei Unsicherheiten darüber, ob die Produkte des Lieferanten den neuen Regelungen entsprechen, sollte man sich von seinem Vertragspartner eine schriftliche Erklärung hierüber  ausstellen lassen. Alternativ kann an den Hersteller herangetreten werden. Auf diese Weise minimiert man das Risiko, von Behörden Auflagen zu erhalten oder von der Konkurrenz abgemahnt zu werden.

Fazit

Die Übergangsregelung in § 7 Abs. 1 NEMV ist als Abverkaufsfrist für die nach altem Recht hergestellten und gekennzeichneten Nahrungsergänzungsmittel zu werten, sodass jedes Glied der Handelskette darauf zu achten hat, dass sämtliche Altprodukte spätestens am 01.12.2005 vom Markt genommen werden. Anderenfalls drohen Maßnahmen durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden und Abmahnungen durch die Konkurrenz. Die Hersteller sollten die Herstellung und Kennzeichnung bereits jetzt den neuen Regelungen anpassen, da viele Großhändler aufgrund der Befürchtung, auf den Altprodukten sitzen zu bleiben, inzwischen keine Altprodukte mehr abnehmen. Großhändler sollten sich im Zweifel die Ordnungsgemäßheit der Ware von ihren Lieferanten oder vom Hersteller schriftlich bestätigen lassen.

Stand: 01.09.2005, Dr. Gordon Grunert, LL.M. Eur., www.anwaltskanzlei-grunert.de